Dieses Sicherheitsding
Ist bei dir immer Tag der offenen Tür? Kann bei dir jeder reinspazieren, ohne sich anzukündigen? Ohne im Idealfall ein paar Tage vorher Besuch anzumelden, damit man noch aufräumen und sich vorbereiten kann?
Also, ich bin schon spontan, wenn man mir rechtzeitig Bescheid sagt. Aber in mein Haus lasse ich auch nicht einfach alle Leute, ohne sie vorher selbst in Empfang genommen zu haben – an der Haustür!
Fällt dir schon was auf? Nichts anderes machen unsere Hunde – mehr oder weniger laut und vehement. Und wenn wir ihnen nicht klar machen, dass WIR für die Sicherheit zuständig sind, dann müssen sie das eben übernehmen. Für einen Hund ist das klar wie Wurstwasser.
Und wir sind am Schimpfen und Motzen und verstehen gar nicht, warum unser Hund so unhöflich ist. Oder wir sind meistens entzückt von unserem freundlichen und stürmischen Hund, der erstmal immer jedem Menschen zuerst “Hallo “ sagen möchte… auch der Erbtante mit der neuen weißen Leinenhose.
Territorium ist allen ein Begriff. Oder?
Sehr viele Verhaltensprobleme, bzw. Verhaltensweisen, die Menschen als problematisch empfinden, begründen sich in dem nicht erfüllten Bedürfnis nach Sicherheit! Zu Hause muss für ALLE der Safe Place sein. Hier wird geschlafen, gegessen, gespielt und der Nachwuchs großgezogen. Wie furchtbar ist das, wenn man keinen sicheren Ort für sich hat. Das gibt es bei Hunden und auch bei Menschen leider viel zu häufig: arme Seelen, die in ständiger Sorge oder Angst leben müssen. Das ist grausam.
Wir können es für unsere Hunde besser machen. DAS ist unser Hauptjob: für Sicherheit sorgen.
Sowohl im 1. + 2. Umfeld, also zu Hause / im Garten, direkt vor der Tür, als auch da draußen im 3. Umfeld, wo alle möglichen Gefahren lauern.
Unsere Kernkompetenzen dabei: Wir kennen uns in der Menschenwelt meistens ganz gut aus. Wir wissen um die Regeln im Straßenverkehr und im Umgang mit Artgenossen und haben den besseren Überblick, weil wir auf zwei Beinen laufen. Wir können viele Dinge schon im Vorfeld erahnen, greifen auf Erfahrungen zurück, die der Hund in dem Maße nicht machen kann.
Also regeln WIR das: wir tanzen nicht unseren Namen, aber machen andere wunderliche Dinge: schicken Menschen mit übertriebenen Handgesten von links nach rechts, stoppen Fahrzeuge am Zebrastreifen, können um die Ecke (einer ein Meter großen Hecke) gucken und den Fiffi schon vorher entdecken. Wir wechseln dann vorsorglich die Straßenseite. Und wir lassen auf keinen Fall irgendwelche Leute ungefragt unseren Hund angrabbeln.
Leider ist man manchmal nicht schnell genug und das Leben passiert einfach.
Aber wenn wir uns sehr bemühen und immer wieder daran arbeiten, die Sicherheit für unsere Familie zu gewährleisten, dann werden sich unsere Hunde weniger Sorgen machen müssen und den Job wahrscheinlich auch sehr gerne abgeben. Die meisten Hunde sind damit nämlich nicht besonders glücklich.
„Putz die Platte“
Sehr viele Hunde wollen auch nicht “Hallo sagen”, um das Gegenüber freundlich und überschwänglich zu begrüßen. Sie meinen mehr oder weniger deutlich eigentlich „Tschüssikowski“ oder „Verzieh dich lieber“!
Wer zuerst agiert und die Lage checkt (quasi an der “Gefahr” ist), hat im besten Fall schon einen Plan, wie die Aktion ablaufen soll (fight or flight z. B.). Das Gegenüber ist zu einer Reaktion gezwungen und man selbst hat das Zepter in der Hand. Es fühlt sich nach mehr Kontrolle an, das geht uns Menschen nicht anders.
Du kannst also froh sein, wenn dein Hund nicht mit gefletschten Zähnen auf Besucher losgeht, aber solltest dir bewusst machen, dass es womöglich keine pure Freude ist, die er dabei empfindet. Dementsprechend ist es deine Aufgabe, deinen Hund dieses Verhalten gar nicht erst zeigen lassen zu müssen.
Ein kleiner Tipp zum Mitnehmen
Wenn dein Hund immer zuerst an der Tür, an den Menschen, an anderen Hunden ist, kannst du schon davon ausgehen, dass er sich für den Sicherheitschef hält. Er wird sich womöglich in seiner Rolle nicht allzu wohl fühlen, so dass er dir gerne diese Bürde überlässt – WENN du deine Kompetenzen unter Beweis stellst und als wahrer und einziger Sheriff des Reviers auftrittst.
Wie das geht, zeige und erkläre ich dir sehr gerne:)
Überprüfe doch mal:
- Wer ist bei euch zuerst an der Tür? Kannst du deinen Besuch zuerst begrüßen?
- Hat der Hund seinen Ruheplatz nahe der Haustür? Oder der Terrassentür?
- Kann er euer Anwesen sehr gut überblicken?
- Nimmt dein Hund immer zuerst Kontakt zu Menschen auf? Gerne sehr dynamisch?
- Folgt dein Hund deinem Besuch wie ein Schatten, wenn sie sich bei euch zu Hause bewegen?
- Liegt dein Hund vorzugsweise auf den Füßen des Besuchs? Oder steht sehr häufig im Weg rum?
Vorne Hui, hinten Pfui?
Es ist der Wahnsinn, wie talentiert Hunde auf ganz subtile Art und Weise den Chief Officer raushängen lassen.
Wenn sie so „nett“ vorgehen, gerne auch schwanzwedelnd pure Freude suggerieren, ist das für die unwissende Umwelt nicht so bedrohlich, wie ein pöbelnder Hooligan.
Daher neigt man vielleicht dazu, das nicht ganz ernst zu nehmen. Oder man ist – so wie ich auch – froh, dass die Intention nicht so offensichtlich ist, während man im stillen Kämmerlein alles versucht, die Sicherheitsfrage ein für alle Mal zu klären.
Die Hunde sind dabei sonnenklar und ehrlich, doch wir Menschen erkennen es häufig nicht als das, was es ist:
Das große Bedürfnis nach Sicherheit!