„Hömma, endlich Tacheles hier!“

Oder Butter bei die Fische, könnte man sagen

Ich bewege mich ja nun zwangsläufig in so einer „Hundebubble“, da bin ich nicht die hellste Kerze am Baum, ich darf noch wachsen (geiles Wortspiel) und Erfahrungen sammeln.

Aber natürlich bin ich auch kein unbeschriebenes Blatt und habe schon ein wenig erlebt und eben, wie schon mehrfach erwähnt, meine Gründe und Motivationen für das, was ich tue und wofür ich mir meinen Kopf mit Zeug vollstopfe.

Und seit ich auch in der Hundeschule „Stadt Mensch Hund“ eine Gruppe von Halbstarken und vor allem ihre Menschen unterstützen und beraten darf, lerne ich unfassbar viel.

Wenn ich die offenen Gruppen mit einer Trainerkollegin zusammen gestalten kann, die Welpenstunde oder eine Fährtengruppe vertrete, begegne ich immer vielen spannenden Mensch-Hund-Teams. Unter anderem natürlich auch Familien mit kleinen und größeren Kindern oder Schwangeren.

Dabei sind die Kinder nie das zentrale Thema, doch mir stellen sich so manches Mal die Haare auf, wenn ich beiläufig mitbekomme, wie einige Situationen (z. B. der Umgang mit Ressourcen) ablaufen. Oder ich erlebe die ganze Familie mit den Hunden, wenn die Kinder mal mit in die Stunde kommen.

Und ich denke ständig, dass das doch alles eh schon kalter Kaffee ist und jeder weiß, wie es läuft. Weil ich in besagter Bubble eben häufiger davon lese und höre. Natürlich habe ich mich da bereits mehrfach gefragt: „Was bilde ich mir denn ein, dass ich da noch was Neues erzählen kann *gähn*!“

Es drängt sich mir aber wirklich der Verdacht auf, dass eben noch nicht überall angekommen ist, wie schwierig und auch gefährlich der Umgang von Kindern mit Hunden sein KANN.

Extra KANN und nicht muss, denn wie du bereits weißt: „Jeder Jeck is anders!“ und ich schere absolut nicht alle über einen Kamm. Aber jeder Vorfall ist eben einer zu viel und kann zu schwere Auswirkungen haben! Mir KANN auch meine Lieblingstasse aus der Hand fallen oder ich KANN auch gegen Türrahmen laufen (darin bin ich sehr geübt), was statistisch häufiger vorkommt, aber natürlich alles nicht so schlimm ist!

Also bevor du nur deinen lieben kuscheligen und wuseligen Hund vor Augen hast, sei dir gewiss: es geht auch anders – nur echt mit 42 Zähnen.  

Wieso aber immer den Teufel an die Wand malen?

Lieber den Teufel an der Wand als ein Loch im Gesicht!

Menschen und Hunde gehören unterschiedlichen Spezies an – Primaten und Caniden. 

Wobei sie im Laufe der Jahrtausende immer näher zusammengewachsen sind und auch weiterhin dranbleiben, die jeweils andere Spezies zu verstehen und mit ihr zu kommunizieren.

Alle, die das nicht konnten, wurden gnadenlos aussortiert – da kennt die Natur keinen Spaß!

Grüße gehen raus an Charles Darwin und natürlich auch alle anderen Evolutionsforscher, durch die wir lernen konnten und können, wieso wir, unsere Hunde und alle anderen Lebewesen eigentlich tun, was sie tun und sind wie sie sind.

Denn dieser Entwicklung, also der Evolution, haben wir das alles zu verdanken! Individuen, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind, überleben zumindest so lange, bis sie ihr Erbgut ordentlich verstreut haben.  Es sei denn, der Mensch pfuscht der Natur ins Handwerk… aber dieses Fass mach ich jetzt nicht auf.

„Survival of the fittest“

bedeutet eben nicht, der beste Marathonläufer oder der Stärkste im Gym zu sein, sondern seine Gene möglichst weitläufig zu verteilen.

Das geht nur unter bestimmten Voraussetzungen: Wer am besten in seinem Lebensraum „klarkommt“, gesund und attraktiv (im Sinne des jeweiligen Partners) ist, kriegt die besten Ladies, so ist das.

Denn die lassen einen nur ran, wenn es für sie sinnvoll ist und es gibt auch nur Nachwuchs, wenn es „matcht“.

Das wäre die Idealvorstellung – doch die Natur wäre nicht die Natur in ihrer ganzen Komplexität und Allmacht, wenn es nicht MillionenTrillionen (so sage ich, wenn es keine für mich fassbare Zahl gibt) von Abzweigungen und Ausnahmen gäbe.

Je mehr ich darüber nachdenke – und das tue ich seit meinem Bio-LK vor x Jahren sehr häufig, so weit es meine beschränkte Gehirnkapazität zulässt- desto schwindeliger wird mir und es ist alles so unfassbar groß, lang andauernd, unvorstellbar und faszinierend.

Deshalb möge mir jeder, der sich damit schon mehr auseinandergesetzt hat, diese total oberflächliche Beschreibung verzeihen.

Ich möchte damit nur kurz zeigen, wie komplex, logisch und unvermeidlich die Entwicklungen und damit die guten und die schlechten Seiten und Zeiten überhaupt sind.

„Wieso, weshalb, warum?“ 

Das kennt jeder. Und sinngemäß sind dies die Fragen, die schon der Zoologe und Ethologe Nikolas Tinbergen 1963 festlegte – als Basisfragen für ein Verhalten, WARUM und WOFÜR ein Lebewesen tut, was es tut.

Tinbergens Fragen lauten übrigens: Woher / Wozu / Wie / Wodurch ⇒  Ein kleiner Teaser für die nächsten Ausgaben, hehe. 

Also zurück zu Mensch und Hund. Die haben sich also gegenseitig als nützlich empfunden, was wiederum in echte Sympathie und gar Liebe überging und ein gegenseitiges Verständnis hervorbrachte- wobei der Hund eher den Part der Anpassungsleistung übernommen hat!

Denn wir Menschen haben „gemacht“ und der Hund, der sich nicht anpassen konnte, nicht reingepasst hat, nicht nützlich oder auch nur lieb war, kam in den Topf. Oder ist anders gestorben. Und konnte somit keine Gene weitergeben, die dem Zusammenleben mit dem Menschen nicht zuträglich waren. Oder er ist abgewandert und hat sich, wenn´s gut lief, zügig vermehrt und eine eigene Nische erobert.

Kleiner Side Fact:

Es gibt laut Schätzungen heute ca. 900 Millionen Hunden auf der ganzen Welt, davon sind ca. 75 % freilebend. Die kommen also auch gut ohne Couch und tägliches Gourmetfutter klar, leben aber- im Gegensatz zu Wölfen- näher an den Menschen.

Das heißt z. B., sie ernähren sich von allem, was dem Menschen so ab- oder rausfällt (iih), einige nutzen auch den Schutz von Gebäuden, also den urbanen Lebensraum.

Sie machen sich die Menschenwelt zunutze, sind dabei recht pfiffig und erfinderisch und geben fröhlich ihre nützlichen Eigenschaften weiter, die sie für diesen Lebensraum brauchen!

Und das ist eben nicht das gemütliche Zu Hause irgendwo in einer Großstadt mit verkorksten Hunden, die irgendwie in ihrer körperlichen Ausdrucksweise verkümmert sind, mit an der Leine laufen und derlei anderen einschränkenden Regeln.

So, nun passt es aber irgendwie immer besser mit Mensch & treuem Gefährten, weil wir versuchen, die jeweils andere fremde Sprache zu verstehen.

Und da geht´s schon los… mit den Missverständnissen

  • Wir umarmen als Zeichen der Liebe und Zuneigung. Wer schon mal einen klammernden Hund gesehen oder gespürt hat, kam sich wahrscheinlich nicht besonders geliebt vor.
  • Schau mir in die Augen – ist für uns nett, ein Zeichen von Respekt und Zuneigung – Hunde bevorzugen eher ein höfliches „daneben gucken“. Den Blick abwenden ist deeskalierend und kann demütige Züge annehmen.
    Eine kleine Anmerkung: „Guck mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede“ – ist oft gehört und doch so gemein für das deeskalierende Gegenüber (meist ein Kind). Wenn man es weiß, kann man merken, dass es nicht unhöflich und störrisch ist und  sollte das im Kopf behalten. Auch hier gilt allerdings der Gesamtkontext, man kann es aber gut auseinanderhalten.
  • Wir teilen unser Essen – weil es unhöflich ist, dem anderen nichts vom leckeren Kuchen abzugeben. Ja wir laden uns sogar extra Leute ein, die sich dann daran laben können und ratzeputz alles leer essen. Na, also das würde einem Hund ja im Traum nicht einfallen! Wer hat, der hat!
  • Wir gehen gerade auf unser Gegenüber zu, wir nähern uns bekannten und geliebten Menschen frontal und gerne auch mal stürmisch. Ein Hund fühlt sich dabei nicht wohl, er strebt eine etwas seitlich versetzte Annäherung oder gar einen Bogen an.
  • Für Menschen oft ein Kompliment, wenn der Besuch sich wie zu Hause fühlt. “ENTSCHULDIGUNG…?“ denkt sich der Hund, „ich komm mal lieber mit auf die Toilette und wer hat dir überhaupt erlaubt, dich genau da hinzusetzen? Das ist ja wohl echt unverschämt. Ach, jetzt hat er sich auch noch auf der Fußmatte die Schuhe abgeputzt?? Was meint der wer er ist! Ich bin empört, wie hier  in MEINEM Zu Hause einfach rum markiert wird!“

Aha, also sind Hunde jetzt die höflicheren Lebewesen, oder was? Natürlich nicht, das können auch ganz schöne A**geigen sein und mitnichten immer höflich. Aber sie reden eben TACHELES! Und das ist zumindest meistens fair und ehrlich. 

Ihre Verhaltensregeln für ein soziales Miteinander unterscheiden sich in einigen Dingen sehr von unseren Gepflogenheiten. Sie sind manchmal nahezu gegensätzlich. So ist das mit Primaten und Caniden. Die haben in der Natur nicht mal eine gleiche ökologische Nische besetzt – aus Gründen!

Aber zum Glück können Menschen sprechen, sich weiterbilden, forschen, Wissen aneignen und verbreiten und so sind wir in der Lage, uns mehr auf die Hunde einzustellen. Puh=)

Die Hunde wiederum haben auch gelernt, zumindest den eigenen Menschen so manche Sonderlichkeit durchgehen zu lassen.  

Ende gut, alles gut? Ich fürchte nicht – was mich zur Überleitung für die nächsten Piggybacks bringt. Da ich ja mal wieder kollossal am abschweifen bin, können wir beim nächsten Mal tiefer eintauchen und ich spare mir dann die Einleitungen. Die hab ich ja hier und da schon mal rausgehauen.

Ein paar hoffentlich neue Fakten und etwas zum drauf rumdenken wird es also geben. Da sollte für jeden etwas dabei sein – je nachdem, in welcher Lebenssituation man sich befindet und was gut zu wissen und vielleicht ein wenig zu verändern wäre.

Take Home Message für heute: 

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich was ändert. (A. Einstein)

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