Früher war alles besser!

Kommen nur die Harten in den Garten?

Keine Angst, die Frage soll nur als Aufhänger dienen und bloß kein philosophisches Fass aufmachen. Natürlich kann die Antwort in Bezug auf das kleine Wörtchen „alles“ nur Nein lauten, das ist klar wie Hafermilch. 

Als ich meine Studienarbeit „Ein Hund ist kein Spielzeug“ im Rahmen meiner Ausbildung zur Kynogogik® Beraterin schrieb, bin ich über ein paar Gedanken gestolpert, die mich neben vielen anderen Irrungen und Wirrungen weiterhin nicht loslassen. 

Hallo, ich bin Sabrina und möchte, wie viele Hundetrainer, -verhaltensberater, – coaches die Hundewelt ein wenig „unbeschwerter“ machen.   

Während ich so darüber nachdenke, was und wie ich schreiben möchte -kleine Korrektur: WAS ist nicht die Frage, sondern nur das WIE- findet in meinem Kopf ein kleines Feuerwerk statt: manche Raketen zünden, andere sind Blindgänger und puffen nur ein wenig rum… wenn überhaupt.  

Ist es überhaupt angebracht, ein wenig humorvoll über ein ernstes Thema zu sprechen?  

Meine partiell ruhrgebietliche Frohnatur drängt mich quasi dazu, mit flapsiger Schnauze was zum Thema Hundeschnauze mit Zähnen und empfindlicher Kinderhaut und -seele zu schreiben.  

Darf man das? Wenn es dazu führt, dass ein paar Menschen es lesen und vor allem behalten und beherzigen? Volle Kraft voraus, sach ich jetz‘ ma einfach.

Ich frage mich, was ich denn überhaupt Neues zum Thema „Kind und Hund“ beizutragen hätte, was nicht hier und da durch den Orbit wandert. Etwas, das nicht jeder bereits x -Mal gehört oder gelesen hat.  

Doch womöglich ist es eben doch nicht so weit verbreitet, wenn man den ganzen „süßen“ Kind & Hund-Interaktionsvideos in den sozialen Medien glauben kann.  

Da läuft es mir regelmäßig kalt den Rücken runter! Und ich kann auch nur hingucken, weil die gezeigte Situation ja gar kein böses Ende nehmen kann – sonst wären die Erwachsenen mit einer Fahrt ins Krankenhaus oder zumindest mit Trösten und Beruhigen beschäftigt.  

So hoffe ich es jedenfalls bei jedem verantwortungslosen, haarsträubenden, gefährlichen und komplett fehlinterpretierten Video erneut.  

Das soll auch jetzt keine Entschuldigung für die Leute sein, die diese Videos drehen, ABER sie wissen es wohl nicht besser. 

Woher soll man auch wissen, was man noch nicht weiß?

Wenn ich mich mit einem neuen Heimwerkerprojekt beschäftige, stelle ich mir das easy vor, betrete voller Zuversicht den Baumarkt und werde mir dann erstmal gewahr, was ich alles nicht bedacht, kalkuliert und geplant habe.  

So erging es mir auch mit meinem ersten eigenen Hund, der vor drei Jahren als Welpe bei uns einzog. Selbstverständlich habe ich mir einiges mehr an Informationen rangeschafft, gelesen, geguckt und bedacht als bei der Renovierung des Gäste-WCs. 

Ich bin mit einem Rauhaardackel und einem Hovawart aufgewachsen, aber da trug ich natürlich nur die rosarote Kinderbrille. Trotzdem lernte ich, wie man grundsätzlich Verantwortung übernimmt, mit Hunden umgeht und was man besser bleiben lässt. Und auch gab es einige andere Hunde, mit denen man da so in Kontakt kam. Da war auch schon mal der eine oder andere Zahn, wo er eigentlich nicht sein sollte.  

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Kinder auf die dollsten Ideen kommen können (entschuldige Lissy) und dass man mit einem sonnigen und gutmütigen Gemüt besser beraten ist, wenn man Kinder hat.  

Nun war unser Sohn schon 10 – aus dem Gröbsten raus *hüstel* und trotzdem traute ich mir keinen erwachsenen Tierschutzhund aka „Wundertüte“ zu, weil ich gehörigen Respekt hatte, etwas falsch zu machen, Anzeichen nicht zu erkennen und die beiden nicht gut managen zu können. Erst recht bei Besuchskindern, die ihrerseits ja auch für Überraschungen gut sein können.  

Deshalb der Welpe, denn mit dem kann man von klein auf zusammenwachsen, sich kennenlernen, bevor ernste Themen auf den Tisch kommen und man hat doch die Erziehung selbst in der Hand… so weit so naiv=). 

Natürlich liebe ich unseren Hund

Zum einen hatte Pepper, wie schon vorher erwähnt, die diversen Beschreibungen zu ihrer Rasse, die ICH für wahr angenommen hatte, offensichtlich nur als ebenfalls mögliche Optionen gesehen.  

Zum anderen habe ich die Reizoffenheit und Schnelligkeit eines Hütehundes (Belgischer Schäferhund „Tervueren“) unterschätzt. 

Die Pepper ist kein einfacher Hund von der Stange. Sie trägt ihren Namen zurecht, hat mit Fremden Menschen Schwierigkeiten und ist mit Bekannten auch manchmal ambivalent. 

Ihr „Tanzbereich“ ist weitläufig, unsichere Menschen machen sie nervös und sie versucht eher aktiv und schnell (ohne Zähne!!), ihre Individualdistanz zu wahren – nach dem Motto:  je eher daran, desto eher davon.  

Das ist ein eher unerwünschtes Verhalten für die Umwelt. Würde sie sich hinter mir verstecken, wäre es weniger problematisch… zumindest für alle anderen. 

Sicherheit wird ganz großgeschrieben und wir haben lange daran gearbeitet, dass Pepper mich wirklich als Sicherheitsbeauftragten anerkennt (das war damals in der Firma eindeutig einfacher). 

Wir sehen also:

Ich hatte noch viel zu lernen – obwohl ich schon einiges im Vorfeld dafür getan hatte!  

Der glückliche Umstand, bei „Stadt Mensch Hund“ eine tolle Welpengruppe besucht zu haben, hat mich auch zu meiner Ausbildung am Institut für Kynogogik® gebracht. Irgendwie hat doch alles seinen Sinn, auch wenn man diesen erst später erkennt. 

Im Rahmen dieser Ausbildung war auch eine Studienarbeit anzufertigen und von Anfang an stand das Thema „Kind und Hund“ für mich fest.  

Je tiefer ich da reingesaugt wurde, desto mehr wurde mir bewusst, dass es noch einer Menge an Aufklärung bedarf, die weit verbreitet werden sollte.  

Weil es eben NICHT nur die Eltern mit Hund betrifft, die sich aus eigenem Interesse schon mehr damit auseinandersetzen.  

Die meisten Beißunfälle passieren mit bekannten Hunden: in der Familie oder bei Freunden und Bekannten. Und da herrscht häufig noch großes Unwissen, was Hunde und/oder Kinder angeht.  

Das ist doch auch in gewisser Weise logisch, kein Mensch kann alles wissen und wenn man nicht damit in Berührung kommt, dann bildet man sich auch nicht zwingend fort.  

Was hat das jetzt mit „Früher und besser“ zu tun? Ach ja, kommt sofort

Als ich ein Kind war – vor über drei*hüstel*ssig Jahren- wurde auf die Aussage: „Der Hund hat mich gezwickt / gebissen!“ oft mit der Frage: „Und was hast Du vorher gemacht?“ reagiert.  

Ich möchte nicht falsch verstanden werden! Früher war natürlich nicht alles besser und man muss auch nicht besonders „hart“ sein, um in den Garten zu kommen.  

Was mich nachdenklich gestimmt hat, war der Ansatz, die Situation zu erklären, wenn man vom Dackel inne Fott (Ruhrpott für Popo) gebissen wurde: zu verstehen, WARUM der Hund sich so verhalten hat.  

Es wurde nicht bis ins kleinste Detail psychologisiert und der Hund erstmal zum Gespräch auffe Couch gebeten. Und wenn er nicht mit der Sprache rausrücken wollte, vielleicht noch zu x Therapeuten geschleppt, die jeweils andere Tipps und ultimative Lösungen für DAS Problem, nämlich den beißwütigen, aggressiven und dominanten Hund, parat hatten. 

Du hast ihn geärgert? Du hast ihn festgehalten? Ihn bedrängt? Seinen Knochen geklaut? Bist einfach auf den Hof gegangen? War doof, merkste selbst, ne? 

Weder diese oberflächlich anmutende Herangehensweise noch das totale Überpsychologisieren und -managen sind wahrscheinlich immer zielführend.  

Die Wahrheit liegt wie so oft, irgendwo dazwischen.

Der Hund an sich war früher meist ein stinknormaler Hund mit ebenso normalen Aufgaben: der Jagdhund hat bei der Jagd geholfen und wurde auch nur in Jägerhände vermittelt, der Hofhund hatte ordentlich zu tun, den Hof zu bewachen. Der Terrier hat zusätzlich noch die Ratten in den Ställen aufgemischt und der Hütehund hatte im Idealfall auch eine Menge an den Schafen rumzuhüten.  

Jeder nach seiner Veranlagung – Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. 

Nun haben sich die Umwelt, die Sichtweise, Vorstellungen und die Anforderung an Hunde natürlich im Laufe der Jahrtausende, aber besonders in den letzten xx Jahren derart gewandelt, dass es manchmal den Anschein hat, als wären alle außer Rand und Band!  

Hunde sind unberechenbar, Menschen haben keine Ahnung mehr, überall lauert Gefahr und entweder ist ein Hund eine gefährliche Bestie oder ein niedliches kleines Taschenhündchen, das mehr ein Accessoire, denn ein selbstständiges Lebewesen ist.  

Oder der Hund wird eben als Spielpartner / Spielzeug für die Kinder missbraucht und muss sich alles gefallen lassen – ohne zu knurren und der Situation entkommen zu können.  

Auch das sage ich alles sehr überspitzt und es ist nicht immer ganz so schlimm.  

Was aber schlimm ist, und zwar jedes einzelne Mal: ein gebissenes Kind!  

Hier versuchen viele Menschen, Wissenschaftler, Hundetrainer-, Verhaltensberater, Psychologen, Ärzte seit Jahren Aufklärung und Prävention zu betreiben, Informationen zu verbreiten, um solche schrecklichen Vorfälle gar nicht erst entstehen zu lassen. Es gibt viele Studien, die Beißvorfälle an Kindern untersuchen, Projekte in Schulen und Kindergärten, Informationen, Ratgeber für Eltern etc.  

Aber es ist noch nicht genug!

Es schaffen nur die schlimmsten und besonders tragischen Fälle in die Medien, die Dunkelziffer ist weitaus höher und jedes gebissene Kind ist ein Kind zu viel.  

Schon weniger große Verletzungen reichen, um das Kind und die Eltern zu traumatisieren. Der Hund wird evtl. abgegeben, weil er zu gefährlich ist – es hängen Schicksale und verwundete kleine und große Seelchen dran.  

Deshalb möchte ich dringend dazu beitragen, Menschen mit Hunden und / oder / ohne Kinder(n) zu erklären, was Hunde und Kinder für Bedürfnisse haben, welche Fähigkeiten sie haben oder brauchen, die sich altersgerecht entwickeln (dürfen) und wie ein guter Umgang mit beiden „Spezies“ klappen kann. Die Sprache der Hunde, die Sprache der Kinder und jeweilige Sicht auf die Dinge muss man verstehen und nachvollziehen können.  

Auf jeden Fall empfehle einen gesunden Mittelweg:

Ein Kind ist weder ein kleiner Erwachsener noch der kleine Prinz auf der Erbse, der alles kann, aber nix muss (man könnte sie auch A… kinder oder kleine Tyrannen nennen).

Ein Hund ist keine wilde Thöle, die keine sozialen Kontakte braucht, aber eben auch nicht der kleine König, der seine Menschen als Hofstaat um sich scharen und tanzen lassen kann. 

Wie kriegt man das unter anderem hin? Mit Verstand, Verantwortung und ERZIEHUNG!  

Was das ist? Erklär ich dir – nach der nächsten Maus… 

Wenn du also mehr wissen möchtest, was ich sehr hoffe, schmeiße ich hier nach und nach mal Auszüge aus meiner Studienarbeit in den Raum. Und ich bin natürlich auch in echt für Fragen und Themen bereit 

Take Home Message für heute: 

Mit dem Wissen von heute, hätte ich gestern andere Fehler gemacht.  

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